Mathematik zwischen Fjorden, Oper und Supercomputern

Kreuzfahrtschiff Mein Schiff 4 von TUI Cruises im Hafen von Nordfjordeid am Ende des Nordfjords
Die Mein Schiff 4 von TUI Cruises im Hafen von Nordfjordeid in Norwegen.

Nordfjord: Ein kleiner Ort mit großer Überraschung

Im August führte uns eine Kreuzfahrt mit der Mein Schiff 4 nach Norwegen in den Nordfjord, genauer gesagt nach Nordfjordeid, einem kleinen, gemütlichen Ort inmitten einer atemberaubenden Fjordlandschaft. Schon beim Einlaufen in den Fjord zeigte sich ein Bild, das man nie vergisst: spiegelglattes Wasser, schroffe Berghänge und die typischen Holzhäuser am Ufer.

Nordfjordeid selbst wirkt ruhig, beinahe etwas verschlafen, und doch spürt man sofort diese besondere Mischung aus nordischer Gelassenheit und moderner Kultur. Bei einem Spaziergang durch den Ort kamen wir am Operahuset, dem modernen Opernhaus von Nordfjordeid, vorbei.

Und genau dort erlebten wir eine große Überraschung: An einer Betonmauer waren mathematische Strukturen und Formeln eingeschliffen. Mitten in einem der entlegensten Ecken Norwegens, am Ende eines Fjords und fernab von Klassenzimmern und Universitäten. Bei den Strukturen und Formeln handelte es sich um das Werk eines der größten norwegischen Mathematiker: Sophus Lie.

Dr. Maria Paprotzki, Gründerin und Geschäftsführerin von der mathe-spezialist, neben der Büste von Sophus Lie am Operahuset Nordfjordeid.
Dr. Maria Paprotzki, Gründerin von der mathe-spezialist vor der Büste des Mathematikers Sophus Lie.

Wer war Sophus Lie?

Sophus Lie (1842–1899) gilt als einer der bedeutendsten norwegischen Mathematiker und wurde tatsächlich genau dort in Nordfjordeid geboren. Später entwickelte er eine Theorie, die heute weltweit bekannt ist: die Lie-Gruppen, die bis heute eine der Grundlagen in Mathematik und Physik bilden.

Vereinfacht gesagt geht es bei den Lie-Gruppen um Symmetrien und Bewegungen. Lie fand eine Methode, mit der man Drehungen, Spiegelungen oder Verschiebungen mathematisch beschreiben kann, also eine Art Sprache der Symmetrien.

Zu seiner Zeit war das eine bahnbrechende Idee, die viele Disziplinen beeinflusst hat. In der Physik, im Ingenieurwesen und in der Informatik wird bis heute mit Konzepten gearbeitet, die auf Sophus Lies Forschungen zurückgehen.

Und nicht nur das, denn was damals in den Hörsälen von Oslo erstmals gedacht und später in Leipzig weiterentwickelt wurde, ist heute sogar relevanter denn je.

Blick von Nordfjordeid in Norwegen in den Nordfjord mit Bergen und Wolkenhimmel.
Blick in den Nordfjord in Norwegen

Von den Fjorden in die Welt der Supercomputer

Und während wir dort in Nordfjordeid am Ende des Fjords die Wand mit den eingravierten Formeln von Sophus Lie, die er bereits Ende der 1860er Jahre entwickelte, betrachteten, wurde uns bewusst: Mathematik ist einfach zeitlos. Die Ideen von Sophus Lie sind nicht im 19. Jahrhundert geblieben, sondern sie wirken bis heute, und zwar in Bereichen, die aktueller kaum sein könnten.

In der Künstlichen Intelligenz (KI) etwa, die unser Leben aktuell immer stärker prägt, spielen Symmetrien und Bewegungen eine entscheidende Rolle. Ohne diese mathematischen Grundlagen könnten Sprachmodelle, selbstfahrende Autos oder auch Gesichtserkennung kaum so funktionieren, wie wir sie heute kennen.

Auch in der Welt des Supercomputing, also der größten und leistungsfähigsten Computer, stößt man überall auf Lie-Gruppen. Ob es um die Vorhersage von Wetter und Klima, die Entwicklung neuer Medikamente oder um Simulationen in der Quantenphysik geht. Überall werden mathematische Konzepte eingesetzt, die direkt auf Sophus Lie zurückgehen.

Ein Mathematiker aus einem kleinen norwegischen Fjord prägt also noch über hundert Jahre nach seinem Tod die Technologien, die heute in aller Munde sind. Von Künstlicher Intelligenz bis hin zu Algorithmen, die in vielen Anwendungen stecken, die wir täglich nutzen. Selbst das Smartphone in unserer Jackentasche arbeitet letztlich mit Methoden, die ohne Sophus Lies Grundlagen nicht denkbar wären.

Operahuset Nordfjordeid mit eingravierten Formeln von Sophus Lie.
Des Operahuset Nordfjordeid mit mathematischen Formeln von Sophus Lie.

Mathe zwischen Fjorden und Opernhaus

Natürlich konnten wir uns die Gelegenheit nicht entgehen lassen, an dieser besonderen Wand ein Foto zu machen. Die Fjordluft war frisch, die Berge spiegelten sich im Wasser, und gleich daneben stand dieses moderne Opernhaus mit den eingravierten Formeln von Sophus Lie. Ein Ort, der Natur, Kultur und Wissenschaft auf ungewöhnliche Weise verbindet.

Überrascht hat uns auch, wie selbstverständlich die Norweger mit ihrem kulturellen Erbe umgehen. Sie sind stolz auf ihre großen Persönlichkeiten und zeigen das auch. Ein modernes Opernhaus mit eingravierter Mathematik? Für sie Ausdruck von Identität. Bei uns in Deutschland würde manch einer eher sagen, mathematische Formeln „verschandeln“ die Architektur. Hier in Norwegen wirkt es ganz im Gegenteil: mutig, selbstbewusst und inspirierend.

Für uns war das ein besonderer Augenblick, der zeigt: Mathematik begleitet uns überall. Selbst auf einer Kreuzfahrt in die norwegische Fjordlandschaft stößt man plötzlich auf Ideen, die bis heute unsere Welt prägen und ohne die wir technisch längst nicht dort wären, wo wir heute stehen.

Fazit: Überall begegnet einem allerlei an Mathematik

Unsere Reise nach Nordfjordeid hat uns gezeigt, dass man manchmal dort auf die spannendsten Dinge stößt, wo man es am wenigsten erwartet. Zwischen Bergen, Fjord und Opernhaus begegneten wir einem Mann, dessen Ideen bis heute die Grundlage für viele moderne Technologien bilden.

Und genau solche kleinen Überraschungen machen die Reisen so besonders. Man kommt zurück mit Erinnerungen, Geschichten und manchmal auch mit einem neuen Blick auf das, was uns tagtäglich umgibt und längst alltäglich geworden ist.

Denn eines wurde uns klar: Supercomputing oder Künstliche Intelligenz würden heute nicht in dieser Form existieren, wenn es diesen kleinen Ort am Ende des Nordfjords nicht geben würde.

Wir sind schon gespannt, wohin uns unsere nächste Reise führen wird – und auch dort werden wir wieder die Augen offenhalten für die Mathematik, die uns überall begegnet.


Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert